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Wissenspool

Tabak für Zigaretten selber herstellen - ein Überblick

Die Rohstoffe: Tabak-Mischungen

Die beliebtesten in Deutschland verwendeten Zigaretten-Geschmacksrichtungen bestehen aus einer klassischen amerikanischen Mischung ("American Blend"), die aus Virginia-, Burley- sowie Orienttabak besteht. Der Charakter des Tabaks wird zum einen von diesen drei Hauptbestandteilen bestimmt: Türkischer Samsoun Orient hat ein völlig anderes Aroma als griechischer Orient Xanthi, der amerikanische Virginia Gold ist kräftiger als die deutsche Spezialzüchtung Virginia-Helena; schließlich unterscheiden sich auch die Burley-Sorten. Und nicht nur die Sorten sind entscheidend, auch der Boden und das Klima, also die Umweltbedingungen, unter denen die Blätter herangereift sind. Die unteren Blätter sind milder und nikotinärmer als die oberen, Blätter aus sonnenreichen Gegenden würziger und aromatischer, sandige Vulkanerde liefert einen feineren Geschmack als lehmige Humuserde. Sie müssen die richtige Mischung letztlich für Ihre Rahmenbedingungen ausprobieren.

Der klassische American Blend besteht aus etwa 60% Virginia, 30% Burley und 10% Orient, existiert in dieser Form erst seit 1913 und kam ursprünglich als Pfeifentabak auf den Markt. Damals wurden hierzulande noch Orientzigaretten geraucht, so dass zunächst "Deutsche Mischungen" mit bis zu 50% Orientanteil verwendet wurden. Dies soll Ihnen lediglich zeigen, dass Sie Ihre Mischung nahezu beliebig gestalten können: Versuchen Sie es einfach, nach unseren Erfahrungen sind die Mischungen mit hohem Orientanteil sehr viel milder, aromatischer und angenehmer als die typischen American Blends.

Das Geheimnis der meisten Mischungen liegt außerdem in den "Würztabaken": oftmals werden 30 bis 40 weitere Sorten aus aller Welt in geringen Mengen hinzu gemischt, die Mischung damit gewissermaßen gewürzt. Hierfür sind die dunklen luftgetrockneten Tabake besonders geeignet, die auch bei den großen Herstellern verwendet werden: Allen voran Geudertheimer, Rot Front-Korso und der nikotinarme Adonis, aber auch Kentucky, Maryland und andere besonderen Tabake. Versuchen Sie einmal eine von Ihnen hergestellte amerikanische Mischung "pur" und zum Vergleich mit einer Spur fermentiertem Geudertheimer: Er hat schon einen feinen Honigduft, Sie werden interessante Zusatznoten feststellen. Und wenn Sie einige Noten kennen, können Sie damit komponieren.

Der Vollständigkeit halber seien noch weitere Formen der Zigarettenmischungen erwähnt: English Blend-Zigaretten bestehen neben Virginia als Fülltabak aus Kentucky, Burley, Maryland und verwandten Provenienzen, Orientzigaretten aus verschiedenen Orientsorten, daneben blühte die englische "Straight Virginia" aus reinem Virginia-Tabak in den letzten Jahren wieder auf.

Was ist Virginia?

Virginia-Tabak ist zunächst ein Sammelbegriff für alle großblättrigen, hellgelben und süßen, also sehr zuckerhaltigen Tabake, die der englische Seefahrer Lord Raleigh bereits Ende des 16. Jahrhunderts in Nordost-Amerika angebaut hatte. Heute werden überall auf der Welt mehrere hundert Sorten angebaut, jährlich kommen neue hinzu. Virginia ist heute auch der Hauptanteil der deutschen Tabakproduktion.

Virginiatabak (wie auch Burley) wächst auf mittelschweren, kräftigen Böden, wie sie in Deutschland zumeist vorkommen. Die Blätter werden vollreif, also hellgrün bis gelb von unten nach oben geerntet, damit sie schnell abtrocknen und ihren Zuckergehalt nicht verlieren.

Im Zuckergehalt des Virginiatabaks nach der Verarbeitung liegt auch das entscheidende Geheimnis für guten Zigarettentabak. Denn Virginiatabake werden meist in speziellen Röhrenöfen heißluftgetrocknet, damit sie beim Trocknungsprozess möglichst viel Zucker und Stärke behalten. Im Tabakanbau zuhause werden die Blätter jedoch luftgetrocknet, also mehrere Wochen zum Trocknen aufgehängt. Nur sehr wenige Virginia-Sorten sind für diese Art der Trocknung geeignet, es sind dies allen voran der schon historische Virginia Gold-Tabak (er wird bereits seit den 1930er Jahren in Deutschland angebaut) und der nikotinarme Virginia-Helena.

Virginia wird deshalb in der Industrie auch nicht fermentiert, sondern einem abwechselnden Befeuchtungs- und Trocknungs-, Erwärmungs- und Abkühlungsprozess unterworfen. Man nennt dies "Aging" (also Altern) und "Redrying" (was der Röstung nahekommt). Außerdem wird er meistens soßiert und aromatisiert, also mit einer zucker- und aromenhaltigen Lösung getränkt und wieder getrocknet. Eine Anleitung haben wir bereits in einem früheren Newsletter bzw. im Wissenspool auf unserer Website veröffentlicht. Für den Tabakanbau zuhause wird dem "Aging"-Prozess durch eine kurze Fermentation entsprochen, die Blätter werden also "anfermentiert". Sie können dazu z.B. 5-10 Blätter zusammen rollen, in ein Keramikgefäß pressen und etwa 1 Woche auf die Heizung stellen.

Mit Burley wird ähnlich verfahren, er kann jedoch länger fermentiert werden und nimmt bei der Soßierung besonders viel Aromen auf. Außerdem hat er selbst ein eigenes feines Kakaoaroma.

Orient harmonisiert die Mischung

Orienttabak gedeiht am besten auf kargen, sandigen Böden, wächst nicht sehr hoch und bildet nur kleine Blätter aus. Im Unterschied zum Virginia oder Burley sind die Blätter umso besser, je kleiner und fetter sie sind. Es ist eine Art Kakteen-Effekt: je karger der Boden, desto kleiner werden die Blätter, desto stärker speichern sie jedoch auch die Assimilate des pflanzlichen Stoffwechsels. Allem voran den Energiespender Nummer eins, die Zuckerstoffe. Sie werden auf der ganzen Welt keine süßlicheren und aromatischeren Tabake finden als etwa kleine Samsoun-Orient- oder Orient-Xanthi-Blätter!

Die ebenfalls von unten nach oben vollreif geernteten Blätter werden 10 bis 20 Tage lang auf Tabakgarn aufgefädelt getrocknet, bis sie eine goldgelbe Tönung erhalten haben. Sie werden auch in besonderer Weise weiterverarbeitet: Sie werden "manipuliert", nicht fermentiert, gealtert oder geröstet. Es ist im Prinzip auch eine leichte Fermentation, indem die getrockneten Blätter aufeinander gepresst ("verballt") und 1-2 Monate gelagert werden. Die Lagertemperatur beträgt dabei 20 bis 25°C, höhere Temperaturen würden der Qualität schaden. Orientsorten werden übrigens wegen ihres hohen Zuckergehalts niemals soßiert.

Die Orienttabake gehören zu den vielseitigsten Tabaken überhaupt: sie bilden den Rohstoff für die angenehm aromatischen, milden und süßlichen Orientzigaretten und harmonisieren als Mischungsbestandteil den Rauchgeschmack, wobei sie durch ihren hohen Gehalt an Zuckerstoffen und aromatischen Ölen auch den Abbrand verlangsamen. Virginiasorten brennen ohne Orientbeimischung in der Regel viel zu schnell ab. Die besten Orientmischungen heißen "Türkische Mischung" und bestehen aus türkischen Orienttabaken (Samsoun) mit griechischen Beimischungen (Xanthi). Die meisten Orientzusätze in heutigen Tabakmischungen stammen übrigens aus China, dem heute weltweit größten Tabakanbauland.

Die schwarze Zigarette

Vor allem Zigarrenraucher greifen, wenn überhaupt auf Zigaretten, auf schwarze zurück. Sie enthalten einen hohen Anteil an wenig zuckerhaltigem, relativ schwerem Tabak und schmecken daher äußerst würzig und leicht alkalisch. Sie enthalten dunkle Tabaksorten wie Geudertheimer, Kentucky und Maryland, so stammt ein Teil der Rothhändle-Mischung aus dunklen badischen Tabaken und solchen aus der Südpfalz, die französischen Gitanes bestehen vorwiegend aus dunklen afrikanischen Mischungen. Wenn Sie es selber versuchen möchten, bauen Sie am besten dunkle Zigarrensorten an.

Mild oder würzig?

Der heutige Zigarettengeschmack tendiert zu milden Sorten. Die logische Entwicklung wäre an sich, wieder zur Orientzigarette zurück zu kehren, doch ist ist dieser Tabak heute viel zu teuer. Wenn Sie milde Zigaretten haben möchten, können Sie als Konsequenz den Orientanteil erhöhen und 20-50% statt nur 10% verwenden. Orient Xanthi ist dabei sehr viel nikotinärmer als der relativ kräftige Samsoun, ebenso ist Virginia-Helena ein nikotinarmer und milder, aber entsprechend weniger würziger Fülltabak als Virginia Gold. Gleiches gilt für Burley-Jupiter im Vergleich mit dem kräftigeren Panama.

Wenn Sie Filterzigaretten selber herstellen möchten, sollten Sie jedoch die beträchtliche Wirkung des Filters auf den Geschmack berücksichtigen: er absorbiert auch Aromen, Tabake für Filterzigaretten sollten daher von vornherein etwas kräftiger angelegt werden als Mischungen ohne Filter. Gleiches gilt auch für das Zigarettenpapier, das sich auf den Rauchgeschmack auswirkt: Eine Orientmischung erfordert ein fettarmes, besonders leichtes Papier, eine Virginiamischung benötigt ein robustes, ebenfalls fettarmes Papier, während schwarze Zigaretten fetthaltiges Papier benötigen, das nicht so schnell verglimmt.

Da derzeit aromatisierte Tabakblättchen als letzter Schrei kursieren, die u.a. aus Tabakpulver gepresst und mit künstlichen Aromen versehen wurden, noch folgender Tipp: Verwenden Sie keine aromatisierten "Blunt Wraps", der gute eigene Tabak ist einfach zu schade dafür.

Zusammenfassung

  1. Zigarettenmischungen bestehen heute überwiegend aus Virginia, Burley, Orient und Würztabaken. Den größten Anteil haben "American Blend"-Tabake aus Virginia-Fülltabak, viel Burley und etwas Orient (ca. 60:30:10). English Blends haben einen stärkeren Anteil an verschiedenen Virginia-Sorten, German Blends bestehen aus bis zu 50% Orient. Lohnenswert sind außerdem traditionelle Türkische Mischungen (nur Orientsorten) und schwarze Zigaretten (dunkle Tabake, Burley, Kentucky).
  2. Virginia wird nur einige Wochen getrocknet und entweder nur kurz fermentiert oder soßiert und aromatisiert, damit ein möglichst hoher Zuckeranteil erhalten bleibt. Burley wird nach dem Trocknen und Anfermentieren oft geröstet, also kurzzeitig auf etwa 80°C erhitzt und anschließend ggf. wieder angefeuchtet.
  3. Orienttabake sind äußerst zuckerhaltig und reich an aromatischen Ölen und Harzen, weshalb sie niemals soßiert werden. Sie besitzen auch eine sehr feine Blattstruktur, die nicht zerstört werden soll: Die Blätter werden daher nur 10-20 Tage getrocknet und dann "manipuliert", also 1-2 Monate leicht gepresst gelagert. Orienttabake sollten in keiner Zigarettenmischung fehlen: Sie verlangsamen den zu schnellen Abbrand der Virginiasorten und sorgen durch ihr Aroma für einen milden, harmonischen Geschmack.
  4. Auch Papier und Filter haben Einfluss auf den Geschmack. Verwenden Sie keine aromatisierten Blättchen ("Blunt Wraps"), sie stören den Eigengeschmack Ihres Tabaks nachhaltig.

Weitere Infos im Tabakanbau-Forum

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