Köpfstelle einer Tabakpflanze
Geköpfte Tabakpflanze

Wissenspool

Vom Feuer und vom Rauchen

Anfeuern war lange Zeit ein soziales Ereignis, denn das mobile und jederzeit verfügbare Feuer ist keine Selbstverständlichkeit. Aus diesem Grund war das Tabakrauchen in früheren Jahrhunderten auch nicht sehr verbreitet und nur einer wohlhabenden Schicht zugänglich. Der schwierige Prozess des Feuermachens, den die Menschheit als letzte große epochale Errungenschaft erst vor 40.000 Jahren lernte, begann mit der Entdeckung der Reibungswärme: Hölzer werden aneinander gerieben (Feuerbohrer, Feuersäge) oder ein Stahlstück auf die Kante eines Flintsteins geschlagen, dass die Funken fliegen und den trockenen Zunder entfachen. Mit der sich verbreitenden Rauchmode mussten im 17. Jahrhundert jedoch neue Wege beschritten werden - umgekehrt beeinflusste die technische Verfügbarkeit von Feuer das Rauchverhalten.

Schon vor über 300 Jahren wurde die Eigenschaft des weißen Phosphors bekannt, sich bei Reibung zu entzünden. Anfang des 19. Jahrhunderts entstand das billige und einfache Streichholz, eine Revolution des Feuermachens: Fortan waren Raucher äußerst mobil, die Rauchsitten konnten sich erstmals individualisieren und das Zigarren- und Zigarettenrauchen konnte sich überhaupt erst zu einem Massenproduktionsfaktor entwickeln. Die Phosphorzündhölzer stellten sich zwar als äußerst gefährlich und giftig heraus, wurden jedoch schnell von den "Schwedenhölzchen", den Sicherheitszündhölzern aus rotem Phosphor abgelöst.

Parallel entwickelte sich eine ganz andere Linie der Liberalisierung des Feuers: Du Montiers Kompressionsfeuerzeug, dem heutigen Gasfeuerzeug ähnlich, lieferte bereits Ende des 18. Jahrhunderts auf Grundlage der Erwärmung bei Luftkompression Flammen. In tragenden Schichten verbreitet war auch das findige, aber sehr teure Döbereiner Feuerzeug, in dem in Schwefelsäure getränkte Zinkstücke Wasserstoff freisetzten, der sich wiederum an einem Platinschwamm als Katalysator entzündete. Das Highlight war Zweifels ohne der von Carl Auer 1903 patentierte Cer-Feuerstein, der einem Reigen von Gasfeuerzeugen den Weg ebnete. Das Feuer wurde dadurch äußerst billig und unendlich mobil in Form von Reib-, Lunten-, Benzin-, Volltank- oder Gasfeuerzeugen.

Das Kuriositätenkabinett des tragbaren Feuers ist unüberschaubar: Anfang des 20. Jahrhunderts waren Feuerzeuge auf dem Markt, die mit Eau de Cologne betrieben wurden und die aufsteigende weibliche Raucherschicht ansprachen. Viele alte Prinzipien wurden neu ausprobiert, etwa das katalytisch gezündete Methylalkohol-Feuerzeug oder Feuerzeuge mit elektromagnetischer Zündung. Patente für elektrische Feuerzeuge - batteriegetrieben oder mit Kurbelgenerator - häuften sich in den 1920er Jahren vor allem in Deutschland. In der Nachkriegszeit gab es Feuerzeuge für die Steckdose, in denen ein glühender Draht das Feuer und nicht selten das ganze Haus entflammt und die deshalb rasch vom Markt verschwanden. Die Entwicklung scheint heute abgeschlossen, nur technische Geringfügigkeiten ändern sich noch. Denn die eigentliche Entwicklung, die das abendländische Rauchverhalten veränderte, ist das Feuermachen als Massenware.

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